Muttertag 2.0
- Caroline
- vor 2 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Erinnert ihr euch an die Geschichte vom letzten Muttertag? Damals hatte ich die glorreiche Idee, Yasmins neue Wohnung mit einem Muttertagsbrunch einzuweihen. Und weil das in meinen Ohren so gut klang, lud ich gleich noch meine Mutter dazu ein. Was ich dabei nicht bedacht hatte: Romeo hatte ein frisch operiertes Knie und konnte die zwei Stockwerke zu Yasmins Wohnung mit seinen Stöcken kaum bewältigen. Julia fiel die Aufgabe zu, die anderen hinzuchauffieren, unsere Beiträge zum Brunch allein in Yasmins Wohnung hochzutragen, Nora abzuholen und sie ebenfalls hinzubringen. Mina und ich nehmen den Bus zu Yasmin, weil sie Angst vor dem Autofahren hat.
Womit ich ebenfalls nicht gerechnet hatte war, dass Mina trotz allen Bemühungen, sie beim Brunch nicht aussen vor zu lassen, nach einer Stunde in den roten Zustand fiel, zu schreien begann und einfach nicht mehr aufhörte. Ich musste alle - inklusive meine verdatterte Mutter - aus Yasmins Wohnung schicken und Mina dann mit Kuscheltuch, Teddy und Über-den-Rücken-Streichen langsam wieder ins Hier und Jetzt zurückbringen.
Nie wieder so ein Desaster am Muttertag, versprach ich mir selbst, und erklärte der Familie, dass es dieses Jahr am Muttertag kein fixes Programm geben würde. Das Einzige, was ich vorschlug, war, dass, wer wolle, gegen Abend vorbeikommen und wir dann gemeinsam Pizza backen könnten. Am Vormittag besuchte ich meine Mutter, und wir pflanzten auf ihrem Balkon farbenfrohe Hibiskusblumen ein. Mit Mina hatte ich tagszuvor gesprochen und ihr gesagt, dass ich vor dem Mittagessen zurücksein würde. Danach könnten wir den restlichen Tag zusammen verbringen, sie und ich. Mina reagierte nicht begeistert, sagte aber auch nichts dagegen. Als ich mich auf den Weg zu meiner Mutter machte, schlief sie noch. Soweit so gut.
Nun ist es viertel vor elf und Zeit für den Heimweg. Just in diesem Moment ruft Mina an und fragt, wann ich denn nun komme. Um viertel nach elf bin ich zu Hause, antworte ich. Sicher hat Mina schon die Herzgirlande, die sie für mich gebastelt hat, im Wohnzimmer aufgehängt, denke ich, und öffne beschwingt die Wohnungstüre. Ein Blick genügt um zu sehen, dass Mina im roten Täter-Zustand ist: Mit lautem Geschrei und verbissener Hartnäckigkeit setzt sie alles daran, um in Julias Zimmer zu gelangen. Unsere Zweiälteste hingegen versucht mit aller Kraft, ihre Zimmertüre von innen zu schliessen. „Mina, geh jetzt aus meinem Zimmer, ich brauche meine Ruhe“, höre ich Julia sagen. Keine Chance. Jedesmal, wenn sie Mina schon fast von der Tür weg hat, streckt die Kleine blitzschnell wieder ein Bein dazwischen, so dass die Grosse die Tür nicht zumachen kann.
Happy Muttertag, denke ich und muss lachen. Dann versuche ich Mina von Julias Zimmertüre wegzulotsen. Bestimmt will sie mir die Girlande und ihre gebastelten Muttertagsgeschenke im Wohnzimmer überreichen. „Mina, zeigst du mir das Wohnzimmer?“, frage ich und zupfe an Minas Arm. „Lass mich in Ruhe!“. „Mina, lass Julia sein,“ antworte ich und ziehe sie von der Zimmertüre weg, damit Julia endlich in ihrem Zimmer verschwindet und Ruhe einkehrt. Doch nun wendet sich Minas Rage gegen mich: Sie nimmt die Turnschuhe, die im Gang stehen, und wirft sie einzeln und aus kurzer Distanz voll Rohr nach mir. Oje. „Romeo, ich gehe nach draussen. Das bringt so nichts“, rufe ich durch die Wohnung, nehme Handy und Wohnungsschlüssel und flüchte, kaum dass ich gekommen, wieder. Draussen scheint die Sonne, und ich setze mich auf eine ebenerdige Fensterbank. Wenigstens hier ist es friedlich. Kurze Zeit später gesellt sich Julia zu mir. „Mami, ich habe die Türe wieder aufgemacht, denn Mina hat mit einem Stock darauf herumgehämmert. Ich dachte, so bringt es nichts, wenn ich im Zimmer bleibe.“
Gott sei Dank gibt es kein Muttertagsprogramm, das wir einhalten müssen... Später beruhigt sich die Lage mit Bettdecke, Kuscheltuch und Teddy wieder. Alle atmen erleichtert auf. Als sich Nora mittags zum Besuch anmeldet, schreibe ich zurück: „Freue mich auf dich. Brauche zuerst noch ein Schläfchen. Hatten einen etwas holprigen Start.“ Später sitzen wir zusammen im Wohnzimmer und besprechen, was wir mit dem Nachmittag anfangen wollen. Zu unserer Überraschung will Mina gerne auf einen Ausflug mitkommen. Sie ist sogar damit einverstanden, für eine kurze Fahrt ins Auto zu steigen. Deshalb fahren wir zu einem Flüsschen in der Nähe und suchen uns eine ruhige Sandbank am Ufer. Mina plantscht im Wasser, und wir sitzen auf unseren Badetüchern. Ein laues Lüftchen weht; ringsherum zwitschern die Vögel. Was für ein idyllischer Nachmittag!
Wieder daheim wird es Zeit zum Pizzabacken. Julia holt Yasmin mit dem Auto ab. Nora ist am Handy, Mina am fernsehen. Romeo hat den Nachmittag in seinem Schrebergarten verbracht. Muss ich nun die Pizza alleine machen?, denke ich einen Moment lang frustriert. Ich habe wirklich nichts vom Muttertag erwartet, aber alleine für alle zu kochen, dazu habe ich keine Lust. Ich setze ich mich hin und schenke mir etwas zu trinken ein. In diesem Augenblick kommt Romeo nach Hause und übernimmt die Regie beim Pizzabacken. Nach und nach trudelt der Rest der Familie ein und hilft auch mit. Bald sitzen wir um den Tisch herum sitzen und geniessen unsere Pizza. Jetzt bin ich mir ganz sicher: Bester Muttertag ever!

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