Frauenfussball
- Caroline
- vor 11 Minuten
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Heute hatte ich einen Rückfall meiner überstanden geglaubten Grippe: Als ich morgens aufstand, hatte ich wieder diese Kopfschmerzen, mir war übel und alles war mir zu viel. Trotzdem schaffte ich es, einer Mutter zu antworten, die mich gefragt hatte, ob Mina dienstags jeweils mit ihrer Sabrina ins Mädchen-Fussball gehen wolle. Mina wollte gerne mit. Stellte sich noch die Frage, wie sie zum Fussballtraining kommen würde. Dienstag ist Horttag und Romeo und ich arbeiten beide den ganzen Tag auswärts.
Als Mina nun am Mittag von der Schule kommt, präsentiere ich ihr folgende Idee: Sabrina könnte Mina am Dienstag Nachmittag vom Hort abholen, und und die beiden würden dann mit dem Trotti ins Fussball fahren. Doch das lehnt Mina kategorisch ab. Ihr Plan lautet: „Ich gehe nach der Schule heim und nicht mehr in den Hort. Dort stelle ich den Thek ab und treffe dann Sabrina auf dem Schulhausplatz.“ „Mina, das geht nicht, weil am Dienstag Nachmittag niemand zu Hause ist. Deshalb bist du ja im Hort.“ Minas Gesicht verfinstert sich und sie sagt in forderndem Ton: „Dann gibst du mir jetzt endlich einen Hausschlüssel!“ No way, denke ich. Mina ist noch keine zehn, und sie hat beim Spielen draussen auch schon ihr Handy verloren, weil es ihr unbemerkt aus der Hosentasche gefallen ist. Und wir könnten nicht einmal einen Wohnungsschlüssel nachmachen lassen, sondern müssten den Verlust der Wohnbaugenossenschaft melden, bei der wir zur Miete sind. „Mina, das geht nicht. Lass uns nachher weiter reden, ja?“
Ihr erinnert euch? Ich habe doch heute diese fiesen Kopfschmerzen und brauche jetzt dringend einen Mittagsschlaf. „Wenn ich geschlafen habe, finden wir dann schon eine Lösung. Okay?“ „Gar nicht okay“, sagt Mina böse. „Immer willst du nur deinen Plan machen und nie meinen.“ Im Stillen seufze ich tief. „Mina, es geht doch nicht darum, wessen Plan es ist…“ Doch es ist schon lange zu spät für ein vernünftiges Gespräch. Mina schreit und tobt und wirft mir vor, ich würde ihr nie zuhören und nur das machen, was ich wolle. „Es ist alles deine Schuld! Und ich lasse dich den ganzen Tag sicher nicht schlafen, wenn du jetzt nicht sagst, dass ich einen Wohnungsschlüssel bekomme!“ Ich bin soo müde und möchte doch nur… Aber mir ist natürlich klar, dass es so nicht geht. Zuerst muss ich schauen, dass Mina in ihrem Zustand nicht noch handgreiflich wird. Deshalb sitze ich mit ihr im Gang auf dem Boden und wiege mich containmentmässig hin und her. Und warte auf einen Geistesblitz.
Schliesslich sage ich: „Mina, ich sehe, dass meine Idee für dich nicht geht. So wie dein Plan mit dem Schlüssel für mich nicht geht.“ „Siehst du, immer sagst du nein, nein, nein!“ Dann kommt mir tatsächlich noch eine andere Idee… Sicherheitshalber warte ich eine Minute mit Weiterreden. „Ich habe noch eine dritte Idee, weil ich merke, dass es für dich nicht geht, mit dem Thek ins Fussball zu gehen. Was meinst du dazu, wenn ich Sabrinas Mutter frage, ob ihr am Dienstag nach der Schule zuerst zu ihr heimgehen könnt und du stellst den Thek dort ab? „Ja, dann machen wir das halt“, schreit mich Mina an. Ich spüre, dass ich jetzt ruhig sein muss. Ich wiege mich weiter hin und her. „Dann musst du jetzt aber sofort ihrer Mutter schreiben und sie fragen, hörst du?“, lenkt Mina schliesslich ein. „Okay, dann mache ich das jetzt und sage dir dann Bescheid.“
Gesagt getan. Mina hat sich unterdessen in ihr Zimmer verzogen und scheint wieder ruhiger. „Erledigt, Mina. Dann machen wir jetzt Mittagsstunde?“ „Dann halt“, antwortet Mina. Als ich endlich im Bett liege, bin ich gar nicht mehr müde, Adrenalin sei Dank. Aber es ist himmlisch, einfach in Ruhe… Eine halbe Stunde später erwache ich erfrischt. Nun kann der Tag weitergehen.
Abends schauen Mina und ich einen Spielfilm mit einem kinderlosen Paar, das drei Geschwisterkinder als Pflegekinder bei sich aufnimmt. Wir sind beide fasziniert von den Irrungen und Wirrungen und den vielen Emotionen der Pflegeeltern und den Kindern, obwohl wir den Film schon mal gesehen haben. Schließlich flimmert die Happyend-Szene über den Bildschirm, wo der Familienrichter im Gerichtssaal sagt: „Hiermit erkläre ich euch - zu einer Familie“. Nun laufen mir bächeweise Tränen über die Wangen. Mina fragt: „Mami, wieso weinst du?“ Nach diesem krassen Tag mit Mina muss ich zuerst überlegen, wie ich meine Gefühle in Worte fassen kann. Ich antworte schniefend: „Ich weine, weil ich dich so liebhabe, und es mich daran erinnert, wie wir mit dir eine Familie wurden, als du mit vier Monaten zu uns kamst.“ Mina muss lachen, weil meine Stimme vom Weinen so komisch klingt. Dann sagt sie nachsichtig zu mir: „Mami, du bist so crazy…“

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