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Caroline

Die Challenge

Sonntag. Minas Halbschwestern sind wieder abgereist. Obwohl alle friedlich am Tisch Gipfeli gegessen haben, habe ich das Gefühl, dass die Sache mit Romeo und der Hütte für Mina nicht vorbei ist. Erinnert ihr euch? Romeo hatte am Abend zuvor durch ein Missverständnis Minas ganze (Schutz-)Hütte fürs Essen abgebaut. Ich schätze, sie fühlt sich auch heute noch von Romeo reingelegt und "angelogen", wie Mina dem sagt. Vermutlich hatte sie nicht zugestimmt, dass die Hütte abgebaut werden darf, sondern nur erlaubt, dass wir darum herum essen, wenn sie zum Spielen rausgeht. Und ist prompt in den roten Zustand gefallen, als sie heimkam und die abgebaute Hütte entdeckte.


Und richtig, schon bald fällt wieder etwas Kleines zwischen Romeo und Mina vor, und sie sieht rot: Mina rennt in den Flur zu Romeos Krimsekramse-Kommode und beginnt die Kleinigkeiten, die sich darauf angesammelt haben, zu Boden zu werfen. Romeo bringt den Schlüsselkasten oberhalb der Kommode in Sicherheit, und verlässt dann zügig die Wohnung. Er hofft, dass sich Mina dann wieder beruhigt. Doch diese wirft einfach immer weiter Dinge zu Boden: Münzen, Taschentücher, ausrangierte Schlüssel, etc. Als sie dann noch das Glasschälchen mit weiterem Kleinkram darin packt, und mit dem Arm ausholt, schreite ich ein und nehme es ihr weg. "Mina, nicht das Glasschälchen, das geht kaputt. Das will ich nicht." Irgendwann wird Mina ruhiger und zieht sich in die Hütte zurück, die wir nochmal zusammen aufgebaut haben. Doch ich spüre, es ist einfach nicht richtig gut. Mina ruft mich die ganze Zeit, ohne mir etwas richtiges zu sagen, wenn ich dann komme. Langsam werde ich auch genervt, denn ich kann schliesslich nichts dafür. Einmal lasse ich mich dazu hinreissen, sie richtig böse anzufunkeln, als ich an der Hütte vorbei gehe, weil es für mich nicht mehr zum Aushalten ist. Doch nun hängt es Mina endgültig aus: Sie schreit, rennt zurück in den Flur und schnappt sich das Glasschälchen, das ich am Morgen gerettet habe. "Du bist ganz selber schuld, jetzt nehme ich auch das Schälchen und mache es kaputt. Du hast angefangen, und mich böse angeschaut." Ja, ich weiss, jetzt ist es an mir, die Beziehungsbrücke wieder aufzubauen.


Innerlich muss ich grinsen, denn zum Glück bedeutet mir das Glasschälchen nichts. Es hat nicht viel gekostet. Ich dachte heute Morgen eher, dass sich jemand an den Splittern verletzen könnte, wenn es zu Bruch ginge, und habe deshalb eingegriffen. Das macht es leichter für mich, auf Mina zuzugehen und ihr zu sagen: "Mina, so wie du in der letzten Stunde mit mir gewesen bist, da könnte auch der netteste Mensch mal wütend werden und dich böse anschauen. Trotzdem habe ich dich lieb." "Ich mache jetzt das Schälchen kaputt, hörst du?!", schreit Mina laut, und gibt dem Glasteil provokativ einen Schubs mit dem Fuss. Aha, also eine Challenge, die sie da mit mir spielt. Mein Gefühl sagt mir, dass Mina gerade bedingungslose Liebe von mir braucht. "Das macht nichts, ich hab dich trotzdem lieb", antworte ich einfach, drehe mich um, und gehe das Mittagessen kochen. Ein paarmal kommt Mina noch und droht mir an, das Schälchen zu zerbrechen. Ich wiederhole jedes Mal, dass ich sie trotzdem noch liebhaben werde. Und dann frage ich sie, ob sie ihre Tortellini mit Reibkäse obendrauf haben möchte, genau gleich, wie ich es an einem gewöhnlichen Tag auch tun würde.


Die eben noch fuchsteufelswilde Mina beruhigt sich mehr und mehr, und lässt das Glasschälchen schliesslich am Leben. Ich habe also richtig getippt: Sogar im roten Zustand wollte Mina nicht wirklich etwas zerstören, sondern eigentlich erleben, dass ich die Beziehung zu ihr nicht abbreche, egal, was sie tut. Sonst hätte sie es schon lange gemacht. Ich schätze, Mina hat von mir einen Kampf ums Glasschälchen erwartet, aber etwas Besseres dafür bekommen; nämlich ein Beziehungsangebot. Ich versuche, traumapädagogisch zu überlegen: War das vielleicht gerade eine Reinszenierung, die wir da durchgespielt haben?


Und dann sitzen Mina und ich gemütlich mit unseren Tellern auf den Knien auf dem Hüttendach, also dem Esszimmertisch. Wir essen unser Mittagessen im Picknickstyle, das hat Mina sich gewünscht. Und ich muss schon sagen, heute schmeckt das Essen anders als sonst, irgendwie abenteuerlicher, und ganz besonders lecker...


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