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Caroline

Der himmelblaue Hippiebus

Erinnert ihr euch? Ich habe doch mit Mina im Fast-Food-Imbiss über ihre Autofahr-Angst gesprochen. Nach dem ersten Hochgefühl über das gelungene Gespräch wurde mir bewusst, dass ich jetzt auch den nächsten Schritt mit ihr gehen musste: In ihrem Zimmer ein Auto zu bauen und dort eine kuschlige Atmosphäre zu gestalten. Ein paar Tage vorher kündigte ich Mina deshalb an, dass ich am Sonntag gerne das Auto in ihrem Zimmer bauen würde. Mina reagierte verhalten, aber nicht direkt ablehnend.


Als ich dann am Sonntag in Minas Zimmer vorbeischaute und fragte: "Wollen wir jetzt das Auto bauen?", antwortete sie unbegeistert: "Okeee. Aber wie willst du das denn machen, Mami?" "Hmm... Wie wäre es, wenn wir das Auto in deinem Hochbett bauen? Wir könnten Räder basteln und ankleben." "Ja, also zeig mal vor," meinte Mina. Und so zeichneten wir vier Räder auf Papier und schnitte diese aus. Die ersten beiden klebten wir an die vorderen Bettpfosten. "Mami, die hinteren Räder sieht man ja gar nicht, die können wir nicht aufkleben." Ok, dachte ich, Mina ist der Boss, ihr muss das Auto ja gefallen. Dann legten wir uns nebeneinander auf ihr Bett und streckten uns bequem aus. Hinter unseren Köpfen lagen die vielen Kuscheltiere von Mina. "Das ist ja ein kuschliges Auto, Mina." "Ja, aber, wie machen wir das dann im Auto in echt, dass wir liegen können wie jetzt, Mami?" Fast hätte ich laut herausgelacht, denn natürlich kann man sich in unserem gewöhnlichen Personenwagen auf der Rückbank nicht hinlegen, sondern bloss sitzen. Dann aber versuchte ich, auf Minas Ideen-Zug aufzuspringen, denn es sollte ja eine gute Kontrasterfahrung für sie werden. "Weisst du, wenn man einen Bus hätte, könnte man das so bauen, dass man die Betten raufklappen und dann wieder herunterlassen kann. So könnte man in echt liegen. Und sogar den Himmel sehen." Ich stellte mir vor, wie man beim Liegen im Bus durch die Fenster gucken könnte. Im diesem Moment drückte ich unabsichtlich auf den kleinen flauschigen Kanarienvogel von Mina, und der trillerte vergnügt los. Stimmt, der hat ja ein musikalisches Innenleben. "Mina, hörst du das? Wenn wir in unserem Bus liegen, zwitschern sogar noch die Vögel draussen."


Was soll ich sagen? Es war einfach ein schöner, vollkommener Moment, so mit Mina in unserem Fantasie-Hippiebus dazuliegen, mit Vogelgetriller und dem gefühlt blauen Himmel über uns. Hinter uns viele weiche Kuscheltiere. "Und dann brauchen wir noch eine Decke über die Beine, Mami", meinte Mina. Ja, so könnte man es sich beim Autofahren gutgehen lassen, dachte ich. Ich kann nicht sagen, ob es Mina oder mir besser gefiel, so gemütlich dazuliegen. Jedenfalls konnte ich mir zum ersten Mal vorstellen, dass wir Minas Autofahr-Angst wirklich anpacken könnten.


Gesagt, getan. Heute Nachmittag nimmt Mina ihren ganzen Mut zusammen: Wir packen eine Tasche mit allen Kuscheltieren aus ihrem Bett, mit der weichen türkis Decke und mit Minas Kuscheltuch. Wir dürfen nämlich gratis ein kleines Occasion-Trampolin für Mina abholen gehen. Die perfekte Gelegenheit für eine Mutprobe. Nennen wir sie Operation Hippiebus.


"Kann ich noch etwas Schlecki einpacken, Mami?" "Na klar", seufze und lache ich gleichzeitig. Was für ein schlaues Kind! Dann gehen wir in die Tiefgarage und richten uns im Auto gemütlich ein. Ich sitze neben Mina, Julia fährt uns, so lautet der Plan. "Julia, kannst du den Vordersitz noch weiter nach vorne fahren, damit ich mehr Platz habe?," fragt Mina. Julia kommt der Bitte nach und wartet geduldig, bis wir startbereit sind. Die Kuscheltiere drapieren wir rund um Minas Sitz, und die weiche Decke kommt auf Minas Knie. Natürlich kann ich es mir nicht verkneifen, auch noch den Kanarienvogel trillern zu lassen. Wir stellen uns vor, wieder im Bett zu liegen und versuchen uns zu entspannen. "Du kannst losfahren, Julia", sagt Mina schliesslich. Auf der kurzen Fahrt zum Trampolin sagt Mina nichts von einem heissen Kopf oder von Übelkeit. Aber mach drei Minuten legt sie ihren Kopf auf meine Schulter und sagt: "Ich bin so müde, Mami." Natürlich, die Anspannung, denke ich mir. Doch damit hält Mina die restlichen Minuten bis zum Ziel tapfer durch. Und dann holen wir das Trampolin!


Leider passt es dann ganz knapp nicht ins Auto, genau wie mein Mann es von Anfang an prophezeit hat. Deshalb fahre ich mit dem Trampolin im Bus zurück und Mina mit Julia im Auto. "Ok, Mami, ich schaffe das im Auto ohne dich. Du kannst gehen", ist das letzte, das ich noch höre, bevor die Autotüren zuschlagen.


Ein dreifaches Hurra auf den Hippiebus!



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