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Caroline

Das Strandkleid

Aktualisiert: 12. Jan. 2023

Als ich heute Abend vor dem Essen ins Hotelzimmer zurückkomme, stürzt sich Mina auf mich wie ein Tiger. Sie will mich treten und schlagen und schreit dabei laut. Aber schön der Reihe nach...


Heute Nachmittag hat mir Mina auf dem Heimweg zu dritt befohlen, nicht mehr zu reden, bis sie dann irgendwann meinen Namen sage und mich entzaubere. Das nervte mich so, dass ich entgegnete: "Du kannst mir gar nichts verbieten!" Und natürlich habe ich einfach weitergesprochen. Das machte Mina so wütend, dass sie anfing mich zu treten. Deshalb habe ich rechtsumkehrt gemacht und bin alleine zurück zum Zimmer gegangen. Und jetzt geht's offenbar weiter wie gehabt. Ich spüre einen schweren Druck auf der Brust. Was kann ich nur tun? Es fühlt sich so an, als sei Mina meilenweit von mir entfernt, und ich komme nicht an sie heran. Es ist, als ob sie eine undurchdringliche Trennwand herabgelassen hätte.


Irgendwie weiss ich, dass ich die Sache mit Mina alleine klären muss. Ich bitte meinen Mann, etwas für sich zu machen, und versuche dann, mit Mina ins Gespräch zu kommen. Kein leichtes Unterfangen, da ich ja gleichzeitig ihre Arme und Beine von mir weghalten muss... Ich frage: "Mina, was ist denn los? Was kann ich besser machen für dich?". Aber Mina reagiert nicht auf meine Fragen.


Ich sehe schon, dass die Sache mit Reden wohl nicht zu lösen ist, und stelle als erstes den Fernseher an. Oft hilft das und holt Mina aus ihrem Zustand heraus. Tatsächlich schaut sie jetzt auf den Bildschirm und hört auf zu mit Treten und Schlagen. Ein paar Minuten später schreit sie mich an: "Stell sofort etwas anderes an, hörst du?!" Seltsam. Mina weiss doch aus Erfahrung, dass sie mit Schreien und Befehlen und ohne bitte zu sagen bei mir nichts bewirkt. Ihr Verhalten kommt mir so absurd vor, dass ich plötzlich wieder ganz ruhig bin und zu ihr sage: "Mina, du weisst doch genau, dass ich das nicht machen kann, wenn du mich anschreist und nicht bitte sagst. Das machen wir doch nie so." Für einen kurzen Moment stutzt Mina und ignoriert mich dann wieder. Offenbar kann sie auch ohne meine Hilfe weiter fernsehen. Und was mache ich jetzt?


Wenn's nicht übers Reden geht, werde ich es wohl übers Tun versuchen müssen. Mir kommt eine Idee. Ich sage: "Mina, was meinst du, welches Kleid soll ich heute Abend anziehen? Kannst du mir beim Aussuchen helfen?" Mina schaut hoch, springt auf und rennt zum Kleiderschrank. Dort schaut sie alle meine Kleider durch und sagt dann: "Nimm keins von denen da, sondern das schwarze Kleid." "Das schwarze Kleid? Ach, das für den Strand, meinst du?» "Ja, genau", sagt Mina, "das ist das schönste". Was, sie will im Ernst, dass ich das Strandkleid zum Abendessen anziehe?!?


Nun ja, denke ich dann, wenn das hilft, dass wir unseren Beziehungsfaden wieder aufnehmen können, ziehe ich doch gerne das Strandkleid zum Abendessen an... Begeistert sucht Mina noch Schuhe für mich aus. Dann nimmt sie meine Hand, und wir gehen friedlich zum Abendessen. Als wir nachher zu dritt noch etwas trinken, ringelt sich Mina wie ein Kätzchen auf meinen Knien zusammen und schläft dort ein. So allerliebst! Weniger begeistert ist mein Mann, der die nicht gerade leichte Sechsjährige jetzt schon wieder schlafend den weiten Weg zum Zimmer tragen muss...














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